Bündnis im Kreis Stormarn

Interview mit Christian Restin (Kreis Stormarn, Fachdienst Familie und Schule, Kindertagespflege, Heimaufsicht , Kinder- und Jugendschutz)

Eine Erzieherin liest Kindern aus einem Buch vor.
© Dariusz Misztal

Was sind unsere Ziele?

Wie überall in Schleswig-Holstein haben wir im Kreis Stormarn Familienkoordinatoren, die kein eigenes Büro haben, also kein eigenes Haus, weshalb wir sie "virtuell" nennen. Wir haben ein Bündnis gegründet, um ein gemeinsames Selbstverständnis für familienzentrierte Arbeit zu entwickeln und die Auswirkung dieser Arbeit auf den gesamten Sozialraum und den Bekanntheitsgrad von familienunterstützender Arbeit zu steigern. Die Idee ist, dass sich alle in diesem Sozialraum, also alle Institutionen, seien es Kindertagesstätten, Tagespflege, der Kinderschutzbund, Beratungsstellen etc. als Netzwerk verstehen, um Kinder und Familien besser zu beraten. Es geht um einen Paradigmenwandel: Von einer kindzentrierten, zu einer familienzentrierten Arbeit. Es geht auch darum die Problematik von heutigen Familien zu verstehen – zum Beispiel erhöhter Vereinbarungsdruck von Familie und Beruf oder auch überhaupt welche Ressourcen kann ich wann, wie niedrigschwellig anbieten. Das ist nicht überall gleichermaßen bekannt in den Sozialräumen. Ziel ist es zu vermitteln, dass es manchmal ganz einfache Möglichkeiten der Kommunikation und des Austausches gibt, die eben nicht im schulischen- oder Kindergarten-Kontext laufen, sondern im Nachbarschaftsfeld, im Miteinander eine Rolle spielen.

Was macht unser Bündnis?

Was wir machen ist im Grunde eine Graswurzelentwicklung. Es gibt beispielsweise Angebote, wie das eines Elterncafés oder es gibt ein Angebot für Eltern, die nicht deutsch sprechen bzw. einen Migrationshintergrund haben. Es gibt auch Hilfen, zum Beispiel in Richtung Erziehungsberatung oder die Schreibabyambulanz. Aber das geschieht eher auf einer individuellen Ebene der Koordinatoren der Familienzentren. Das ist jetzt nicht unbedingt etwas, das die Gemeinde gefordert oder gewünscht hat, sondern das hat sich von der Basis heraus als Bedürfnis (der Familien) entwickelt. Die Koordinatoren vernetzen diese Angebote gezielt und bringen die Angebote zu den Eltern. Sie kommunizieren mit allen Zielgruppen und schaffen gemeinsame Aktionen, wie bspw. einen sozialen Garten oder ein Elternkaffee oder in einem dritten Sozialraum. Dazu wurden Umfragen zu Wünschen unter den Eltern gemacht. Da gibt es eine Vielfalt von unterschiedlichen Angeboten.

Porträtaufnahme vin Christian Restin
Christian Restin (Kreis Stormarn, Fachdienst Familie und Schule, Kindertagespflege, Heimaufsicht , Kinder- und Jugendschutz)

Warum ist das hilfreich/gut?

Jede politische Gemeinde entscheidet für sich, welche Maßnahmen sie ideell oder materiell fördert und hinsichtlich dieser Förderung ist die kommunale Ebene in Stormarn eher zurückhaltend.  Ein Wohlfahrtsverband hat natürlicherweise eher den Fokus auf seine Einrichtungen und vielleicht danach auf die nächsten Einrichtungen und erst dann auf das gesamte Gebiet des Sozialraumes bzw. der Gemeinde. Insofern ist das, was ich oben eine "Graswurzel-Bewegung" genannt habe, von großer Bedeutung, um eine familienzentrierte Arbeit Gemeinde- und Trägerübergreifend sichtbar werden zu lassen und voranzutreiben.

Wer macht mit?

Bündnispartner sind die AWO, zwei Kirchengemeinden und eine politische Gemeinde, die ebenfalls Anstellungsträger für Familienkoordinatoren sind. In diesen Orten sind das die vom Land finanzierten Familienkoordinatoren, die sozialen Einrichtungen und die Kitaleitungen. Die Familienkoordinatoren haben ein Einzugsgebiet von 10-25 Kindertagesstätten, plus weitere soziale Einrichtungen. Häufig sind darunter Beratungsstellen wie Migrationsberatung, Erziehungsberatung oder Flüchtlingskoordinatoren, Familienhebammen oder die Schreibabyambulanz. Die Bündnispartner sind aber von Sozialraum zu Sozialraum sehr unterschiedlich und teilweise sind die Kontakte noch im Aufbau.

Was macht unser Bündnis erfolgreich?

Dreh- und Angelpunkt ist, dass man die bestehenden Strukturen nutzt, wie bspw. Arbeitskreise etc. Es ist also wichtig, dass man auf diese Netzwerke zugeht und sagt, es gibt hier ein neues Thema, wie bspw. die Koordination der familienbildenden Maßnahmen. Es ist auch hilfreich, wenn sich die Leute bereits kennen und "warm" miteinander sind und dann noch ein anderer Schwerpunkt dazukommt. Es geht also darum, den (bestehenden) Austausch von Institutionen zu nutzen und über eine fachpolitische Diskussion einen politischen Prozess anzuschubsen oder Maßnahmen zu initiieren.

An zwei Punkten könnte bei uns noch mehr passieren: Das sind einmal die Ressourcen, weil bisher nur halbe Stellen über das Land finanziert werden. Es gibt keine Ko-Finanzierung durch den Kreis oder die jeweilige politische Gemeinde, jedenfalls nicht in einer vergleichbaren Größenordnung. Dann braucht es auch das politische Commitment, d. h., will man Familie stärker in den Mittelpunkt rücken, sollte man familienfreundlicher werden. Und da ist noch Luft nach oben.